Tauchen & Reisen

Mein allerallererster Tauchgang

Es war im Oktober 2014 in Ägypten. Ich hatte endlich meine Masterarbeit abgegeben und war gerade mit meinem Liebsten zusammengezogen. Alles in allem waren wir beide über Wochen total im Stress. Daher hatte ich mir vorgenommen in unserem ersten richtigen gemeinsamen Urlaub meinen müden Körper nur aus dem Bett zum Buffet, zum Strand oder auf die Pilates Matte zu bewegen. Das gelang mir auch die ersten Tage sehr gut. Zwischenzeitlich hatte ich auch immer wieder meine Ruhe, weil mein Begleiter ja beim Tauchen war. Ich hatte mich mit der Materie Tauchen bis dato eigentlich nie sonderlich auseinandergesetzt. Natürlich hatte er mir viel davon erzählt, aber Fische sind doch irgendwie komische Tiere, Salzwasser schmeckt bäh und überhaupt… was soll ich unter Wasser eigentlich? Naja, prinzipiell bin ich ja experimentierfreudig und er liebt nun mal das Tauchen. Zu diesem Zeitpunkt tauchte er seit 2 Jahren und hatte etwa 150 Tauchgänge. Das sind für manche wichtige Angaben, wie ich heute weiß :)

Nachdem er also mehrere Tage auf mich eingeredet hatte – und er zog alle Register: „Am Hausriff wohnt eine Meeresschildkröte!“ (er wusste, dass ich Schildkröten mega cool finde) – lies ich mich erweichen. Wie das eben so ist, wenn man verliebt ist und auf rosa Wolken wandert…

Er hatte mich also zu einem Schnuppertauchgang mit Faisal angemeldet. Dafür waren wir einen Tag zuvor an der Tauchbasis und ich schaute mir das da alles genau an. Faisal machte einen sympathischen Eindruck, schien zu wissen, was er tut und wirkte auf Grund seiner Größe und Masse auch irgendwie auf mich wie ein „Beschützer“. Gesagt, getan, einen Tag später sollte es also losgehen. Nachdem ich meine Ausrüstung erhalten hatte, wurde das ganze Gerät zusammengebaut. Ich hatte ja von nichts eine Ahnung und hörte interessiert zu. Immer wieder schossen Gedanken wie „Was für ein Aufwand“ oder „Mein Gott ist das kompliziert“, durch meinen Kopf – nichtsahnend, dass die größte Herausforderung noch vor mir liegen sollte… Ich bekam auch ein Briefing zum Verhalten unter Wasser – nix anfassen, nicht zu schnell auftauchen, wie benutzt man das Jacket, wie blase ich meine Maske aus, was macht mein Tauchcomputer, und so weiter… ganz schön viel auf einmal, aber eben auch unverzichtbares Wissen.

Als wir nun endlich das ganze Gerödel zusammengebaut und angezogen hatten, ging es vom Strand aus bis zur Hüfte ins Meer. Wir waren zu viert – der Verursacher des Ganzen, ein etwa 10-jähriges Mädchen, Faisal und ich. Nun sollte ich also erstmal lernen, wie man unter Wasser atmet – schließlich hab ich ja keine Kiemen… Dazu sollte ich mit dem Atemregler im Mund etwas in die Knie gehen und das Gesicht unter Wasser halten. Faisal warnte mich vor – es könne sich so anfüllen, als würde ich nicht genügend Luft bekommen. Na Bravo… das sind ja tolle Aussichten.

Es kam wie es kommen musste, es hat natürlich nicht funktioniert – ich war den Tränen nahe. Und neben mir das kleine Mädel, das ÜBERHAUPT keine Probleme mit der „Flaschenatmung“ hatte. Meine Frustration schlug in Wut um und ich war kurz davor, das Wasser zu verlassen. Macht doch Euren Sch* alleine!

Faisal hatte Geduld mit mir und blieb ganz ruhig. Er meinte, da ich vorher auch noch nie geschnorchelt wäre, fiele es mir besonders schwer. Nach gefühlt unzähligen Versuchen klappte es dann irgendwann endlich und wir konnten schließlich abtauchen. Unter Wasser lief zunächst alles gut und ich merkte, wie ich mich etwas entspannte. Ich tauchte also so vor mich hin und war völlig darauf konzentriert gegen mein Unterbewusstsein anzukämpfen, das mich kontinuierlich daran hindern wollte, mich weiter der Gefahr des Ertrinkens auszusetzen. Dabei betrachtete ich den Meeresgrund. Wir waren mittlerweile auf 7 Metern Tiefe. Mein Unterbewusstsein wurde langsam leiser und ich nahm die ersten Meeresbewohner wahr. Ich versuchte den Kopf zu drehen, um etwas mehr als nur den sandigen, hügeligen Grund zu erkunden. Tropf… Tropf… Tropf… Wasser lief in meine Maske. Na toll. Das Ausblasen hatte Faisal mir ja gezeigt, das klappte auch. Aber kaum war die Maske frei und ich schaute zur Seite – Tropf… Tropf… Tropf… Ich entschloss mich also, erstmal weiter nur nach unten zu gaffen, bis ich nicht mehr bei jedem Atemzug mitdenken musste. Wir waren derweil bei der Höhle im Riff angekommen, wo Madam Schildkröte wohnen sollte – das zweite Wesen, warum ich mir das alles antat. Natürlich war die doofe Nuss nicht zu Hause. Also all die Schinderei umsonst?! Naja. Es blieb bei kleineren Fischchen die von alleine in mein Sichtfeld schwammen und gaaanz viel sandigem, hügeligen Meeresgrund, denn ich konnte ja den Kopf nicht drehen auf Grund der undichten Maske. Ich sehe den noch heute vor mir. War also wirklich unvergesslich :)

Wir waren mittlerweile auf dem Rückweg – ich kann nicht mehr sagen wieso, aber ich verschluckte mich und hatte einen Hustenreflex. Mir war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, dass man auch mit Atemregler im Mund Husten kann. Ich unterdrückte also den Reflex und hielt die Luft an. Natürlich nicht die beste Idee. Kurz danach übernahm dann mein Stammhirn die Kontrolle und der „Überlebensinstinkt“ setzte ein. Mein Unterbewusstsein ließ sich nun auch nicht mehr von mir unterdrücken und schrie jetzt ganz laut: „Du musst an die Luft und zwar so schnell wie möglich!“ Faisal hatte gemerkt, dass bei mir was nicht stimmt und war wie der Blitz neben mir. Ich war aber nicht mehr aufnahmefähig und versuchte nur noch so schnell wie möglich an die Oberfläche zu kommen. Faisal hatte mich bei sich untergehakt und versuchte meine „Flucht nach oben“ etwas zu verlangsamen. Ich hörte seinen Tauchcomputer extrem laut und schnell piepen – denn wir waren immer noch zu schnell… Nach einer gefühlten Ewigkeit war ich endlich an der Oberfläche und hustete und rülpste was das Zeug hielt. Ich hatte zwar etwas Wasser geschluckt, aber ansonsten ist glücklicherweise alles gutgegangen. Wir blieben noch etwas an der Oberfläche, bis ich mich beruhigt hatte und bevor wir wieder abtauchten, übte ich nochmal das Husten mit Atemregler. Dann ging es weiter.

Als wir in Strandnähe gelangten, kamen uns noch ein paar Schnorchler in die Quere, die es lustig fanden an meiner Flasche rumzuspielen. Mein Liebster hat sich um die Bengel gekümmert. Trotzdem hatte mich das auch wieder irgendwie verunsichert und ich war froh, als ich endlich heil und wohlbehalten meine Nase wieder aus dem Wasser strecken konnte.

Direkt nach dem Tauchgang fühlte ich mich, als wäre ich Gevatter Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen. Es grenzte in meiner Wahrnehmung an ein Nahtod-Erlebnis. Noch nie im Leben hatte ich mich so deplatziert gefühlt. In meinem Kopf hatte ich nur den Gedanken „Ich gehöre da nicht hin. Ich habe keine Kiemen. Ich soll da nicht sein.“. Ich war also noch ganz mit mir selbst beschäftigt und da blickte ich ins Gesicht von meinem Freund und auch das sehe ich – neben dem hügeligen Sandboden – immer noch vor mir. Ich habe ihn vorher und nachher nie mehr so schauen sehen. Ab sofort wusste ich, was „vor Stolz platzen“ bedeutet. So sah er aus. Eine Mischung aus unbändigem Stolz und höchstem Level der Glückseligkeit. „Sie hat das sehr gut gemacht, oder Faisal? Ein Naturtalent!“ Faisal grinste und nickte. „Ja, kannst sie gleich zum OWD anmelden.“

Ich dachte, ich bin im falschen Film. Sehr gut gemacht?! Äh hallo, ich bin grad fast ersoffen?! Also meinem Gefühl nach. OWD? No f***ing Way! Ich mach das nie wieder!! NIE NIE NIE wieder kriegt ihr mich zum Tauchen!! Habt ihr das verstanden?! Niemals wieder!

Aktuell bin ich gerade in der Ausbildung zum Rescue Diver. :-D

Wie es dazu kam, erfährst Du demnächst – weitere Beiträge zum Thema „Tauchen“ folgen bald. Hier kannst Du lesen, wie es mir beim Open Water Diver erging… :)

Leider habe ich keine Fotos zu meinem ersten Tauchgang. Vermutlich waren alle Beteiligten zu aufgeregt, um ans Fotografieren zu denken ;)

 

IMG_7622
Meine erste Karte :)
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3 Gedanken zu „Mein allerallererster Tauchgang“

  1. Haha, sehr schöner Artikel. Mir ging es am Anfang ganz ähnlich wie dir. Vor ein paar Monaten haben ich ebenfalls meinen Rescue Diver gemacht und kann mir mittlerweile nicht schöneres als Tauchen vorstellen.

    Gefällt 1 Person

    1. Herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Rescue! Vielen Dank für Deinen netten Kommentar 😊
      Wünsche Dir weiterhin viele tolle Erlebnisse und vor allem allzeit „Gut Luft“ 😀🐠🐟

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